Besiedlung

  • Gründung unseres Dorfes
  • Polnisches und deutsches Recht
  • Die Leistungen (Lasten) der Bauernschaft
  • Die alte Wirtschaftsform 

 

Aus der Ortsgeschichte von Weigelsdorf

Von Agnes Pelke

Von der Gründung unseres Dorfes

 

„Bauer, die Scholle ruft! Komm, brich auf die duftende Ackerfurche, die deiner Arbeit, deines Schweißes harrt! Komm, hilf verborgene Schätze zu heben!“ Das war der Ruf, der zu Beginn des 13. Jahrhunderts aus den großen Waldgebieten Schlesiens in die hochentwickelte Kultur des Westens hineinscholl.

Franken und Bayern, Schwaben und Sachsen kamen in langen Zügen, um hier in Schlesien Landeigner zu werden. Der Westen gab den Menschenüberschuß an den Osten ab. Nachgeborene Bauernsöhne waren es meist, denen in der Heimat das harte Los des Knechtseins zugefallen war, Hagestolze in des Wortes ursprünglichster Bedeutung, denen die Heimat nicht Raum zur Gründung eines eigenen Hausstandes gab, die hier in Schlesien durch unermüdliche harte Arbeit sich Scholle und Heim erringen wollten.

 

Weigelsdorf verdankt seine Entstehung Herzog Heinrich I. dem Bärtigen, dem Gemahl der hl. Hedwig. Er schenkte „1234 dem Stifte Trebnitz 200 Hufen Landes bei Münsterberg (sambice) zur Aussetzung nach deutschem Rechte, auf denen bald darauf die deutschen Dörfer Wygandisdorph, Conzendorf und Breythe Eyche (Eichau) entstanden“.

Obgleich die Echtheit dieser Urkunde neuerdings in Frage gestellt worden ist, fällt doch die Gründung der Dreidörfergruppe in jene Zeit. Den schon „1244 schenkt Herzog Boleslaw von Schlesien auf Bitten seiner Tante Gertrud, Aebtissin von Trebnitz, 4 Hufen Landes in seinem Dorfe vigandi villa dem Kloster Trebnitz“ (Schlesische Regesten [S. R.] Nr. 622. Regesten des Klosters Trebnitz [T. R.] Nr. 60) und am „14. Januar 1256 erteilt Bischof Thomas von Breslau auf Bitten der Aebtissin Gertrud für die ein oder zwei Hufen, die das Stift in vigandi villa selbst unter dem Pfluge hat, Freiheit von dem bischöflichen Zehnten“.  (S. R. Nr. 914.  T. R. Nr. 85.)

 

Nach damaliger Sitte umschritt der Stifter mit seinem Gefolge das geschenkte Land. Dann übergab der Herzog das neue Siedlungsgebiet dem Unternehmer (locator) Wygand, der unserm Ort auch den Namen gab. Aus vigandi villa, d.i. Ort des Wygand, wurde allmählich, wie aus Urkunden hervorgeht, Wygancych, Wygandisdorph, Weygamsdorf, Weigsdorf, Weigelsdorf.

 

Wygand stammte nachweisbar aus der Gegend von Bamberg und „wurde 1227 mit seinem Bruder Ludwig nach Trebnitz gerufen, um beim Bau des Kloster zu helfen“. (Kopietz, Kirchengeschichte des Fürstentums Münsterg 449)

 

Der Lokator verteilte das Land an seine fränkischen Stammesgenossen. Jeder bekam eine große fränkische oder Waldhufe. Daneben gab es kleine oder flämische Hufen. Erdhaufen, Koppitzen genannt, bezeichneten die Grenze. Wygand unterstützte seine Leute durch Vieh und Saatgut, auch durch Geld.

 

Die Talsenkung längs des plätschernden Baches war der geeignetste Siedlungsplatz. Hier entstanden die einfachen Holzhütten der Siedler, die, nachdem die Ernährung durch Urbarmachung sicher gestellt war, den schmucken Fachwerkbauten Platz machten. Der bunt bemalte oder durch Schnitzwerk verzierte Giebel zeigte nach der Straße. Um Giebel und Hofwand zog sich eine Holzveranda, die „Bühne“, hin, die Lagerplatz für Obst und Gemüse war. Auch Hühner- und Taubenstall waren hier untergebracht. Daher spricht man noch heute von der „Hühnerbühne“.

 

Die Haustür war mit dem „Gatter“ verschlossen und von der „Laube“ überwölbt. Der über der Haustür vortretende Giebelbau hieß „Frankspitze“. Hier lag auch die „fränkische Stube“. Wohnhaus, Kuh- und Pferdestall bildeten die eine Langseite des Gehöfts. Schuppen, Scheune, Schaf- und Schweineställe umschlossen das Geviert des Hofes. Vor dem Giebel lag im „Vorgärtel“ der Ziehbrunnen mit hochragendem Balken. Hinter der Scheuer lagen Gras-, Obst- und Gemüsegarten.

Heute findet man das typisch fränkische Haus nur noch selten in abgelegenen Gebirgsdörfern. Bei uns erinnert noch der nach der Straße zeigende Giebel und das geschlossene Hofgeviert an das fränkische Siedlerhaus.

 

Der schönste Platz in der Mitte der Dorfreihe blieb für die Kirche und die mir ihr verbundene Pfarr- oder Küsterschule. Um die Gehöfte breiteten sich saftige Wiesen. Dahinter lagen zusammenhängend die dazu gehörigen Aecker, Wiesen und Waldstücke.

 

 

Polnisches und deutsches Recht

 

Weigelsdorf war, wie alle von deutschen Rückwanderern gegründeten Orte nach „deutschem Rechte“ ausgesetzt worden. Das deutsche Recht stand im Gegensatz zu dem bisher in Schlesien geltenden slavischen oder polnischen Recht.

Die Befreiung vom polnischen Recht war die erste Forderung, die die deutschen Siedler vor ihrer Niederlassung stellten.

 

Das polnische Recht schied die Bevölkerung in Freie oder Adelige, in Halbfreie oder Kmeten  und in Unfreie oder Hörige. Der höhere Adel stellte die fürstlichen Hofbeamten und die höhere Geistlichkeit, der niedere Adel die Kastellane, Landausmesser, Schatzmeister, Kanzler und alle übrigen Beamten. Ein besonderes Vorrecht der polnischen Adeligen war es, den Zehnt nicht der zuständigen Pfarrkirche, sondern einer beliebigen Kirche zukommen zu lassen. Die Halbfreien, die Kmeten, waren nur ihrer Person nach frei. Sie hatten in der Not ihr Besitztum an reichere Nachbarn verkaufen müssen. Dem Landesherrn gegenüber waren sie zu Wacht- und Vorspanndiensten, zu Jagd- und Kriegshilfe verpflichtet. Die Hörigen oder Unfreien waren völlig entrechtet. Der Grundherr konnte ihnen ihre Scholle nehmen, konnte sie mit der Scholle verkaufen: sie waren leibeigen. Über Leben und Tod entschied aber nicht der Grundherr, sondern der Landesfürst. Ihre Abgaben an den Landesherrn bestanden in Getreide, Honig, Eiern, Schweineschultern. Dazu kamen unzählige andere Dienste. So z. B. geben die „Gärtner in Zesselwitz 1287 von der Hufe Acker jährlich einen Vierdung d. i. ¼ Mark Zins, ferner Münzgeld und 4 Holzhühner. Sie schneiden auf dem Felde um das Zwölfte (d. h. die zwölfte Garbe gehört ihnen), Dreschen um das Zwanzigste, fertigen Schauben zum Dachdecken, legen sie, dreschen Hanf und anderes Getreide, hauen, rechen, breiten Gras, bringen es ein, wofür jeder insgesamt für das Hauen des alten Grases eine Mark, für das des Grummets den dritten Haufen erhält. Zwei hüten die Pferde des Klosters Heinrichau bis nach St. Gallen; jeder erhält dafür ein Fuder Brennholz und ein Beet Rüben und ein Viertel Hanf zu säen. Sie breiten Mist, waschen die Schafe, die ihre Weiber scheren. Pferde, Ziegen dürfen sie nicht halten, wohl aber Gänse. Oel wird ihnen unentgeltlich geschlagen“.

 

Das polnische Dorfwesen wird von dem Vogt verwaltet, der zugleich Ortsrichter ist. Er hat keinen Anteil an den Strafgeldern. An der Rechtsprechung sind die polnischen Dorfbewohner nicht beteiligt.

 

Im deutschen Recht gibt es nur gleichberechtigte freie Deutsche. Sie besitzen ihre freie Scholle „erb- und eigentümlich“. Ihre Abgaben an Kirche und Landesherr sind genau festgelegt. Sie werden stets in Münze gezahlt. Anstelle des polnischen Garben-dezems, d. h. der Abgabe der 10. Garbe, tritt eine Geldabgabe oder eine Abgabe an Getreide, nach Maltern und Scheffel gemessen.

 

Der Deutsche nimmt teil an der Verwaltung des Dorfes. Als Schöffe hilft er mit Recht sprechen. Der Schulze leitet das Ortsgericht. Er hat Anrecht auf einen Teil der eingenommenen Strafgelder. Kein Deutscher kann vor ein polnisches Gericht gestellt werden. Auch nicht vor das Zaudengericht, das in polnischer Sprache über Freie und Adlige richtete. Mit dem vermehrten Einfluß der Deutschen verlieren die polnischen Gerichte von selbst ihre Berechtigung.

 

Herzog Heinrich IV. befreit 1327 die Breslauer Bürger, daß sie in Schuldsachen nicht vor das Zaudengericht gefordert werden können und hebt es 1337 ganz auf.

In Münsterberg bestand dieses Gericht noch am Ende des 15. Jahrhunderts. 1496 ist Jürgen von Wildenstein Zaudenrichter von Münsterberg.

 

 

Die Leistungen (Lasten) der Bauernschaft                 

 

Der deutsche Siedler saß 7 Jahre frei auf der Scholle. Nach Ablauf dieser Frist mußte er an den Grundherrn den Zins, an die Kirche den Zehnt zahlen. Für die Hufe wurde ¼ Mark, auch Vierdung oder Fürtung oder Firtung genannt, gezahlt.

 

Zum Zins und Zehnt kamen noch andere außergewöhnliche Leistungen. Zum Bau der Stiftskirche zu Trebnitz mußten die Einwohner der Orte Weigelsdorf, Kunzendorf und Eichau Handwerksdienste leisten. Deshalb befreit sie der Herzog von allen Lasten; u. a. auch von der „stroza“ d. h. dem Wachgeld. (Die Untertanen mußten den Besitz des Landesherrn bewachen oder statt dessen eine Abgabe entrichten.)

 

Der Siedler besaß seine Scholle erb- und eigentümlich. Im Vergleich zu dem entrechteten slavischen Bauer erfreute er sich einer nahezu unumschränkten Freiheit. Doch änderten die Zeiten hieran vieles.

Mißernten kam, Unwetter, Dürre und Nässe brachten ihn um den Ertrag seiner Arbeit. Die Kriegsfurie durchbrauste das Land. Ihre Verbündete, die Pest, folgte. Kriegssteuern mußte der verarmte Bauer aufbringen. Dann rang er trotz seiner Anspruchslosigkeit um das nackte Leben. Mit Bangen dachte er an das nächste Frühjahr. Saatgut und Zugvieh fehlten.

Da half die Grundherrschaft mit Saatgetreide, Geld, Zugvieh aus. Als Ersatz dafür ließ sie sich vom Untertan Dienste leisten.

Waren die Notjahre vorüber, blieben die Dienstleistungen bestehen und einstmals freie Bauer glitt mehr und mehr in ein Robotverhältnis hinein. Im 17. Jahrhundert waren die Nachkommen der einst freien und stolzen Siedler unseres Ortes zu robotpflichtigen Untertanen hinabgesunken. Selbst die persönliche Freiheit war ihnen genommen. In den Weigelsdorfer Gerichtsartikeln heißt es: „Kein Untertan darf bei Verlust seines sämtlichen Vermögens aus dem Lande entweichen, noch sich in fremde Gerichtsbarkeit begeben, er habe denn vorher die Entlassung von der Erbuntertänigkeit erlangt. Die Gerichte werden sein Vermögen in Beschlag legen, bis er sich durch einen herrschaftlichen Losbrief ausgewiesen hat“.

 

Am Beginn des 18. Jahrhunderts haben die Weigelsdorfer Bauern an „Reallasten“ an das Kloster Trebnitz zu zahlen:

  1. Grundzins an die Gutsherrschaft und Zehnt an die Kirche.
  2. Dreiding-, Trank- und Essegelder. Unterhaltungskosten für den zum Gericht kommenden Stiftskanzler.
  3. Robotgelder. Zahlung für die in eine Geldabgabe umgewandelten Robotdienste
  4. Baugelder, Schafgelder, Spinngelder. Das Baugeld trat anstelle von Werkleistungen, die die Untertanen bei Bauarbeiten der Grundherrschaft zu leisten hatten. Statt der ursprünglichen Verpflichtung, Schafe für die Grundherrschaft zu halten, zahlte man das Schafgeld. Spinngelder lösten die Verpflichtung der Untertanen ab, für die Herrschaft eine bestimmt Anzahl von Kloben Flachs zu brechen oder Stücke zu spinnen. (Ein „Kloben“ waren 30 „Reisten“, jede Reiste zwei „Hamfeln“.)
  5. Besitzänderungsabgaben. Ursprünglich wurden diese in Naturalien gegeben. In einem Kaufbrief der Weigelsdorfer Scholtisei aus dem Jahre 1413 heißt es: „Wer auf das Gericht (d. i. die Scholtisei) zeucht, soll geben 2 Pfund Pfeffer; wer abzeucht 1 Pfund“. Später wurden beim Verkauf der Scholtisei 10 % von der ersten Hälfte der Kaufsumme und von der zweiten Hälfte der sogen. Markgroschen d. h. pro Thaler schlesisch 9 Pfennig an das Kloster gezahlt. Von allen übrigen Besitzungen des Dorfes wurden 3 1/8 % der Kaufsumme als Markgroschen gezahlt.

 

Der Zehnt oder Dezem mußte jedes Jahr am 11. November gezahlt werden. Martini galt als Abschluß des bäuerlichen Wirtschftsjahres. Laut Eintragung in das Kirchenbuch mußte Weigelsdorf an Dezem abliefern:

 

  1. Bestimmte Abgaben von Körnern an Roggen und Hafer auf der Scholtisei, auf den Bauerngütern und den daraus entstandenen Parzellen für den Pfarrer und zwar, „pro Hufe 1 ½ Scheffel Korn und ebensoviel Hafer, es seien Edle oder Pauersleuthe“.
  2. Neujahr- und Offertoriengelder für den Pfarrer und den Küster.
  3. Wettergarben und Läutebrote für den Küster. (Beim Gewitter wurden die Glocken geläutet, weil man allgemein glaubte, durch die Lufterschütterung zerteile sich das Wetter.)
  4. Eine Geldabgabe (ein Spezies Dukaten = 4 Rth. 10 sgr.) statt Dezem auf der Scholtisei.
  5. Kirchsteiggeld auf einigen Grundstücken.

 

Dem Schulmeister, der zugleich Küster war, stand zu:

 

  1. Die Colende an Ostern und Pfingsten im ganzen Kirchspiel.
  2.  Die Wettergarbe nach der Ernte; von der Hufe zwei Garben Korn und zwei Garben Hafer.
  3. Brotumgänge (Läutebrote) zu St. Georgi und St. Michaelis von Bauern und Gärtnern. Die Gärtner gaben statt des Brotes jedesmal 3 Groschen.
  4. Wenn eins vom Adel stirbt, gehört dem Pfarrer das schwarze, dem Schulmeister das weißte Leichentuch.

 

Die Dezemlasten bestanden bis zum Jahre 1865. In diesem Jahre erschien das Gesetz „betreffend die Regulierung der Schlesichen Zehntverfassung“.

Die Dezemabgabe wurde durch eine Rente abgelöste, die das 22 2/9 fache der Jahresdezemleistung betrug.

 

 

Rechte und Pflichten des Schulzen              

 

Wygand, der Lokator, wurde der erste Schulze oder Schultheiß, weil er den Zehnt und den Zins, die Schuld, einheischen mußte. Dafür bekam er vier Freihufen. Außerdem standen ihm noch folgende Rechte zu:

Der Schulze durfte 2 Mühlen anlegen (Mühlrecht), eine innerhalb (Niederdorf), eine außerhalb des Dorfes (Feldmühle). Alle Dorfbewohner mußten ihr Getreide in diesen Mühlen malen lassen. „Bei 1 Rth. Strafe ist es verboten, das Getreide in fremde Mühlen zu fahren.“ (Weigelsdorfer Gerichtsartikel.)

Der Schultheiß allein besaß das Recht zu brauen (Brauurbar); dazu die Schank- und Kretschamgerechtigkeit. „Kein Untertan darf sich bei 5 Rth. Strafe unterstehen, fremdes Bier und Branntwein einzuführen, noch bei 2 Rth. Strafe zu fremdem Bier und Branntwein gehen.“ (Weigelsdorfer Gerichtsartikel.)

Auch das Fischerei-, Back- und Schlachtrecht stand ihm zu. An der Dorfaue ließ er eine Schmiede errichten. Der Schmied war dem Schulzen zu bestimmten Sachleistungen verpflichtet.

Einen Teil der ihm zustehenden Rechte übte der Schulz selbst aus, die andern hatte er verpachtet oder verkauft.

Der Schulze war dem Landesherrn gegenüber zu Roßdiensten verpflichtet. Im Breslauer Staatsarchiv befindet sich ein Originalpergament aus dem Jahre 1337. Es lautet:

„Bolko, Herzog von Schlesien, Herzog von Fürstenberg (d. i. Fürstenstein) und Münsterberg bekennt, daß Peter von vigandi villa zwei Wallache und andere Pferde im Werte von 42 Mark Prager Groschen in seinen Diensten verloren. Dafür befreit er den Peter und seine Nachfolger von allen Reiterdiensten, bis er, der Herzog, die 42 Mark bar entrichtet oder die Genannten mit Wallachen entschädigt hat. Dann tritt die frühere Verpflichtung wieder ein, wonach sie zu seinen Diensten während eines vollen Monats verpflichtet sind.“ (S. R. Nr. 5824)

Der Schulze mußte also im Kriegsfalle dem Herzog eine Anzahl von Pferden stellen, ihm Ritterdienste leisten. Diese Scholtiseien hießen deshalb „Rittermäßige“ Scholtisein. Die Fürsten schufen solche, um sich im Kriegsfalle die nötigen Mannschaften zu sichern. Anstelle des Roßdienstes trat oft eine Geldabgabe. Später zahlte jeder Schulze soviel Mark Silber Roßgeld als er Freihufen hatte.

 

Als besonderes Entgelt für die zu leistenden Roßdienste stand der Scholtisei das Recht der „freien Schaftrift“ zu, d. h. die Schafhütung auf den Aeckern der Bauern. Dieses Recht war ein besonderes Kennzeihen der „Rittermäßigen Scholtiseien.“

Der Schulze trat nicht nur für die Sache des Grundherrn im Dorfe ein, er sprach auch in seinem Namen Recht. Man unterschied die obere und die niedere Gerichtsbarkeit. Die obere stand dem Stift Trebnitz zu.

 

Deimal im Jahre kam der Stiftskanzler aus Trebnitz nach Weigelsdorf, um hier Gericht zu halten. (Dreiding) Er stieg auf der Scholtisei ab, wo er seine Mahlzeit bekam. Die anderen beiden Mahlzeiten mußten ihm die Bauern geben. Bald trat an die Stelle dieser Naturallieferungen das Trank- und Essegeld.

 

Es wurde gerichtet über schwerere Vergehen, Mord, Ttotschlag, Diebstahl, Gotteslästerung. „Sollte jemand Gott lästern, so soll er öffentlich oder im Geheimen unserm fürstlichen Stifte (d. i. dem Obergerichte) zu härterer Strafe angezeigt werden.“ (Weigelsdorfer Gerichtsartikel) Das Gericht verhängte schwere Geld- und Freiheitsstrafen, ja sogar den Galgen. Der Weigelsdorfer Galgen stand auf einem Hügel zwischen Weigelsdorf und Schönharte. Herzog Bolko gab sogar 1399 dem verdienstvollen Petrus von Weygensdorf das „Gericht des Blutes, das sich ziehet über Hand und Haupt“, d. h. zu der niederen auch die obere Gerichtsbarkeit.

 

Die niedere Gerichtsbarkeit war Sache des Scholzen. Er führte beim Dorfgericht den Vorsitz. Als Zeichen seiner Macht trug er den Scholzenstab. Im zur Seite standen Ratsleute und Schöffen. War der Scholze nicht anwesend, dann vertrat ihn der älteste Schöffe als Gerichtsscholz. Vor das Ortsgericht kamen alle Fälle, die heute der Schiedmann erledigt. Das Dorfgericht verhängte Stockarrest, Halseisen, leichte Geldstrafen. Gerichtsschreiber war meist der Lehrer des Ortes. Zu Beginn jeder Gerichtsverhandlung wurden die Gerichtsartikel vorgelesen. Der Gerichtsschreiber bekam dafür 6 Silbergroschen. „Wer von diesem Vorlesen vor der Zeit weggeht, erlegt 6 sgr. Strafe.“ (Weigelsdorfer Gerichtsartikel) Die eingenommenen Strafgelder wurden, wenn der Stiftskanzler kam, geteilt. „Den dritten Pfennig“, d. h. den dritten Teil bekam der Schulze. Das Uebrige kam in die Armenkasse. Das Dorfgericht trat im „Gerichtskretscham“ alle Vierteljahre zusammen und hieß später „Gebot“.

 

Die schriftlichen Arbeiten besorgte der Gerichtsschreiber. In einem Schriftstück aus dem Jahre 1803 hören wir, was der damalige Schullehrer und Gerichtsschreiber Klemenz Fellbaum „an fixiertem Gehalt von der Gemeinde zu fordern und auch ohnweigerlich erhalten müsse“.

 

  1. Von einem Kauf aufsetzen 16 Sgr.
  2. Von der Eintragung desselben in Schöppenbuch 6 Sgr.
  3. Vom Kaufschreiben soviel als der Stempel vom Kaufbrief kostet. 
  4. Von einem Ehekontrakt, desgleichen einem Inventario 12 Sgr.
  5. Von einer Erbschaft pro Hundert 1 Sgr.
  6. Von einem Protokoll pro Bogen 2 Sgr. 6 Pf. 
  7. Von einem Testament pro Bogen 3 Sgr 
  8. Vom Terminschreiben 1 Sgr.
  9. Von Verlesung der Dreidingartikel 6 Sgr., außerdem ein jährliches „Sallarium“ von 12 Reichsthalern.

Die alte Wirtschaftsform                    

 

Der fränkische Siedler brachte aus dem Westen den eisernen Pflug mit, der den Acker tiefer aufriß als der Holzpflug des polnischen Bauern. Steine und Wurzeln waren kein ernsthaftes Hindernis mehr. Waldboden, Heide und Wiese verwandelten sich in fruchtbares Ackerland. Anstelle der minderwertigen slavischen Bewirtschaftung trat hier in Schlesien die deutsche Dreifelderwirtschaft mit dem Flurzwang.

 

Die Feldmark des ganzen Dorfes war in drei Gewanne oder Schläge eingeteilt. In Weigelsdorf hießen sie Vorder-, Mittel- und Hinterfeld. Der Bauer durfte nicht anbauen, was er wollte. Er unterstand darin dem Beschluß der ganzen Gemeinde. Innerhalb der dreigeteilten Feldmark trat ein dreijähriger Fruchtwechsel ein.

                        Vorderfeld                   Mittelfeld                      Hinterfeld

1. Jahr              Brache                         Winterung                    Sommerung

2. Jahr              Winterung                    Sommerung                 Brache

3. Jahr              Sommerung                 Brache                         Winterung

 

An Vieh durften die Weigelsdorfer Bauern Rinder, Schweine, Geflügel und Kleintiere halten. Schafe zu halten, war ihnen verboten. Erst „1668 wurde es ihnen als bloßes Gnadengeschenk verstattet, pro Hufe 25 Schafe zu halten.“

Auf der Brache hüteten die Schafe der Scholtisei, der ja die freie Schaftrift zustand. Der Dorfhirte, der von der Gemeinde Brot und Lohn bekam und im „Hirtenhäusel“ wohnte, schritt am Morgen lustig auf seinem Horn blasend das Dorf entlang. Die Gehöfte öffneten sich, die Rinder wurden herausgelassen. Am Abend lieferte sie der Hirt wieder ab. Der Schweinehirt trieb die Scheine aus. Kleine Leute, Häusler und Gärtner gaben ihr Vieh zum Bauern und zahlten diesem dafür Hütegeld. Es betrug von einer Kuh 6 sgr., von einem Schwein 3 sgr. für die Hütezeit.

 

Die Dreifelderwirtschaft bestand in ihrer strengen Form bis in die Zeit Friedrich des Großen. Als dieser neue Kulturpflanzen, Kartoffeln, Klee, Lupine, einführte, fanden diese im Rahmen der Dreifelderwirschaft keinen Raum. Durch Verordnung mußte ein Drittel der Brache mit den neuen Kulturpflanzen bebaut werden. Nach und nach machte sich die Landwirtschaft von dem einengenden Flurzwang ganz los und s entwickelte sich allmählich die heutige Wirschaftsform.

 

 

 

 

 

Quellen:

Buch:“Münsterberger Land“ -- Ein Heimatbuch für Schule und Haus
von Schulrat Kretschmer im Jahr 1931 in Zusammenarbeit mit der Lehrerschaft des Kreises

Münsterberg.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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